Minsheng Road in Tainen | Flickr © Paul Arps (CC BY 2.0)

Warum Taiwan im Kampf gegen die Corona-Pandemie ein Vorbild ist

Im kleinen Inselstaat Taiwan ist die Zahl der Corona-Infektionen äußerst gering. Hier gibt es nur 440 Infizierte und 6 Todesopfer. Für ein Land, das direkt vor Chinas Küste liegt, ist das eine bemerkenswerte Bilanz. Wie Taiwan die Pandemie in den Griff bekam und was wir daraus lernen können, erfahrt ihr hier.

Wer in diesen Tagen in den Inselstaat Taiwan zurückkehrt, der muss zwingend für zwei Wochen in Quarantäne. Unter strengen Hygienemaßnahmen bringen ausgewählte Fahrer Reisende vom Flughafen zu den Orten, an denen sich die Menschen für zwei Wochen einschließen. Wer unter Quarantäne gestellt wird, der darf sein Haus nicht verlassen. Nicht einmal zum Einkaufen. Regelmäßige Anrufe und Besuche stellen sicher, dass die Menschen sich an die Vorgaben halten. Auch müssen Betroffene mehrmals täglich ihre Temperatur messen und an die zuständigen Behörden weiterleiten. 

Kaum ein Land hat so schnell reagiert wie Taiwan

Taiwan war das erste Land, das im Angesicht der Bedrohung solche Maßnahmen ergriff. Schon Ende Dezember, als die ersten Meldung über verdächtige Lungenerkrankungen aus China auftauchten, reagierte das Land. Beamte kontrollierten Reisende aus Wuhan, ein Krisenzentrum wurde errichtet und am 6. Februar 2020 stoppte die Regierung die Einreise von chinesischen Staatsbürgern.

Warum Taiwan im Kampf gegen die Corona Epidemie ein Vorbild ist
Kaosiung Station | Flickr © Paul Arps (CC BY 2.0)

Lehren aus der SARS-Epidemie

Auf diesem Weg gelang es den Behörden, Infektionsketten nachzuvollziehen und bestimmte Personen unter Heimquarantäne zu stellen. Alle Bürger müssen mit Handschuhen, Atemschutzmasken und antibakteriellem Gel ausgestattet sein. Mit allen Mitteln will das Land Engpässe vermeiden. Man hat dazugelernt. Ohne Zweifel war die Regierung und auch das Gesundheitssystem 2003 nicht auf die SARS-Epidemie vorbereitet. Auch haben die Behörden 2003 nicht ansatzweise so effizient funktioniert wie heute – 17 Jahre später. 

429 Tote und 6 Todesfälle

Heute gilt Taiwan international als Vorbild im Kampf gegen die Corona-Epidemie. Mit nur 440 Infizierten und 6 Toten (Stand: 08.05.2020, SCMP) liegt die Zahl der Corona-Fälle hier viel niedriger als in anderen Ländern. Eine überraschende Bilanz für ein kleines Land, dessen Nähe zu China viel Schlimmeres befürchten ließ. 

Als die ersten Infektionszahlen in Wuhan bekannt wurden, war Taiwan zudem das erste Land, das die WHO über mögliche Übertragungen des neuartigen Coronavirus informierte. Dabei ist der Inselstaat nicht mal offizielles Mitglied der Weltgesundheitsorganisation WHO. Weil China Taiwan als abtrünnige Provinz sieht, verhindert die Volksrepublik die offizielle Anerkennung Taiwans als eigenständiges Land durch andere Nationen. 

Neue Technologien sind Teil der Lösung im Kampf gegen die Corona-Pandemie

Nach taiwanesischer Einschätzung sind die neuen Technologien Teil der Lösung. Mittels Smartphone-Technik kann man den Standort von Infizierten nachverfolgen. Die digitale Kontrolle betrifft nur Menschen in Zwangsquarantäne. Auch der Kauf von dringend benötigten Atemschutzmasken erfolgt mit Hilfe einer App. Jedem Bürger steht eine bestimmte Anzahl von Masken zur Verfügung. Mittels Sozialversicherungsausweis beim Einkauf kann man kontrollieren, ob die Käufer noch Masken benötigen oder die maximale Anzahl schon erhalten haben. Mittels App können die Menschen auch sehen, in welchen Apotheken noch Masken auf Lager sind, wie viele es noch gibt und zu welchen Uhrzeiten sie verkauft werden. Das spart Zeit und Mühe.

Transparenz und Disziplin

Der Staat verspricht Transparenz bei der öffentlichen Bereitstellung von Benutzerdaten. Er veröffentlicht und aktualisiert Aktionspläne im Detail und über das Fernsehen. Viele Taiwanesen sind mit den Maßnahmen ihrer Regierung zufrieden. Sie halten sich an die Sicherheitseinschränkungen, nicht zuletzt weil befürchten, dass ihr Leben sonst so eingeschränkt sein könnte, wie in anderen Ländern. Denn anders als im Rest der Welt gibt es hier keine strengen Ausgangsbeschränkungen. Restaurants und Geschäfte, Universitäten und Schulen haben geöffnet. Das Leben geht (fast) seinen normalen Lauf.

Die digitale Kontrolle soll laut der taiwanesischen Regierung außerhalb der Krisenzeiten wieder abgeschafft werden. Ist es richtig, im Kampf gegen das Virus die individuellen Freiheiten einzuschränken? In Taiwan lautet die Antwort Ja. Welchen Preis die Demokratie dafür zahlen muss, wird sich erst nach dem Virus zeigen. 

Mehr Informationen über den Umgang Taiwans mit der Corona-Pandemie findet ihr in der sehenswerten Arte-Dokumentation Taiwan: Diskretes Vorbild gegen Covid-19